Bäckerei Illig in der Rohstrasse

Bäcker Hans Illig wohnte ehemals in der Barchfelderstrasse 32.
Später dann in der Rohstr. 1.
In der Rohstrasse 3 wurde die dortige Bäckerei gepachtet.

 

Generationswechsel im Krankenhaus

Der dienstälteste Chefarzt geht in den Ruhestand. Sein Nachfolger hätte beinahe Musik statt Medizin studiert.

© Lutz Weidler

Von Christoph Scharf


Riesa. Hans-Dieter Illig ist einigermaßen aufgeregt. Der 64-Jährige erlebt eine Premiere: Zum ersten Mal in seinem Leben muss er eine berufliche Abschiedsrede halten. 37 Jahre war er im Krankenhaus Riesa tätig. Am Mittwoch wurde der dienstälteste Chefarzt der Klinik in den Ruhestand verabschiedet. Ein Kollege und ein Freund musizieren, der Verwaltungs- und der Ärztliche Direktor halten Ansprachen. Daneben lächelt der promovierte Urologe, sichtbar verlegen. „In der Öffentlichkeit zu stehen, ist nicht meine Art. Ich hätte lieber noch eine Zystektomie gemacht“, sagt Dr. Illig.

Das Publikum – Dutzende Kollegen und Weggefährten, die meisten im weißen Kittel – lacht: Mediziner wissen, dass sich hinter dem Fremdwort das operative Entfernen der Harnblase verbirgt. Solche Operationen gehörten Jahrzehnte zum Alltag des gebürtigen Thüringers. Nach Riesa war Illig nach seinem Medizinstudium in Jena dank der DDR-Planwirtschaft gekommen: Die staatliche Absolventenlenkung brachte ihn, seine Frau und den dreijährigen Sohn in die Stahlstadt, wo er seine Pflichtassistenz am Krankenhaus zu absolvieren hatte.

Aus der neuen Stelle wurde eine Lebensaufgabe: In Riesa wurde der Spross einer Bäckerfamilie erst Assistenzarzt, dann Facharzt für Urologie. 1990 promovierte der Diplom-Mediziner zum Thema Prostata-Krebs und schloss seinen Doktor mit Bestnote ab. Im selben Jahr noch stieg er zum Oberarzt auf. „Das war die Zeit, in der hier ständig die Mercedes-Kofferraumklappen aufgingen und neue medizinische Materialien ankamen“, erinnert sich der Vater von zwei Söhnen, die längst in die Fußstapfen der Eltern getreten sind: Diese hatten sich beim Medizinstudium kennengelernt.

Aus der Nachwendezeit ist dem 64-Jährigen eine Innovation noch besonders erinnerlich: chirurgisches Nahtmaterial, das wesentlich dünner war also zuvor – aber dennoch haltbar. Gleichzeitig kam aber leider auch die anwachsende Bürokratie ins Riesaer Krankenhaus. Die wird der 2001 zum Chefarzt der Urologie beförderte Mediziner wohl nicht vermissen.

Die Krankenhausleitung lobt Hans-Dieter Illig: für sein Eingehen auf die Patienten, seine fachliche Kompetenz, seine gute Ausbildung des medizinischen Nachwuchses. „Er hat jeden Assistenzarzt bis zum Facharzt gebracht“, sagt der Ärztliche Direktor Dr. Michael Dechant. Er habe die Klinik immer weiter entwickelt, der Urologie in Riesa einen guten Ruf verschafft – und außerdem vorbildlich an jeder Dienstbesprechung teilgenommen. Der Gesundheit des scheidenden Chefarztes bekam die Arbeit offenbar: „Mein SV-Ausweis verzeichnet eine Woche Krankheit wegen Angina“, sagt Hans-Dieter Illig. Im Ruhestand hat er nun mehr Zeit für seine Hobbys Musik und Tanzen. Die wöchentliche Tanzstunde war für ihn auch dann Pflicht, wenn er gerade eine sechsstündige Operation hinter sich hatte. Seinen Kollegen wünscht er, so bald wie möglich in die fünfte Etage des Hochhauses einziehen zu können: Dort soll die bislang in einem Anbau untergebrachte Klinik für Urologie unterkommen, wenn die Ebene komplett umgebaut wurde.

Wann das genau der Fall sein wird, kann Verwaltungsdirektor Peter Zeidler noch nicht sagen: Zunächst müsse der Teilneubau hinter dem Haus fertig werden. Lange werde es aber nicht mehr dauern.

Gleichzeitig mit der Verabschiedung des dienstältesten Riesaer Chefarztes konnte Zeidler auch dessen Nachfolger vorstellen: Dr. Stefan Zastrow, der vom Dresdner Uniklinikum nach Riesa wechselt. „Mit seiner ausgezeichneten fachlichen Qualifikation ist Dr. Zastrow die ideale Besetzung“, sagt der Ärztliche Direktor Michael Dechant. Er könne von seinem Vorgänger eine gut etablierte Klinik mit einem motivierten Team übernehmen. „Mein Ziel ist es, eine breite und fundierte urologische Versorgung anbieten zu können“, sagt Stefan Zastrow. Der Einzugsbereich der Klinik reicht fast bis Leipzig und Dresden und weit nach Südbrandenburg. Ein Schwerpunkt soll der Ausbau der operativen und medikamentösen Therapie von Tumoren sein; innovative Operationsmethoden, die Schlüssellochchirurgie, moderne Immuntherapien sind Schlagworte.

Zastrow ist in Dresden geboren und aufgewachsen, hat in Berlin Medizin studiert und war später in Nürtingen und Frankfurt/Main tätig. Zuletzt arbeite er 15 Jahre lang an der Dresdner Uniklinik, unter anderem als Verantwortlicher für die Nierentransplantation. Der 47-Jährige lebt noch in Dresden, plant aber einen Umzug mit der Familie in den Kreis Meißen: „Ich will auch in der Nähe der Patienten sein, falls mal nachts meine Hilfe gefragt ist“, sagt der Vater zweier Kinder. Dann könnte der begeisterte Radfahrer vielleicht auch mit dem Rad zur Arbeit kommen. Seine zweite Leidenschaft dagegen hätte er beinahe zum Beruf gemacht. „Ich habe viele Jahre Klavier gespielt und sogar die Aufnahmeprüfung fürs Studium geschafft“, sagt der Dresdner. In Riesa wird man sich freuen, dass er sich doch für Medizin entschied.