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“Dieser Ort hat Zukunft” (Freies Wort vom 19. September 2013)

Erstmals besuchte ein Präsident des Deutschen Heilbäderverbandes Bad Liebenstein. Er nahm viele Eindrücke mit und ließ ein Versprechen zurück.

Bad Liebenstein – “Ich werde bereichert nach Hause gehen”, sagt Ernst Hinsken zur Begrüßung im Kurhaus Bad Liebenstein. Gerade hat er sich in das Gästebuch der Stadt eingetragen – als Zweiter, nach Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht. Vorher hatte Hinsken sich Bad Liebenstein angesehen. Der kleine, wortgewandte Mann ist in seiner Funktion als Präsident des Deutschen Heilbäderverbandes hierher gekommen. Und er bringt eine Botschaft mit für Vertreter der Kureinrichtungen und Bürger: Es gibt gute Voraussetzungen hier, doch man muss weiter werben und netzwerken, um diese zu nutzen.

Hinsken – Urbayer, Bundestagsmitglied, ehemals parlamentarischer Staatssekretär und Tourismusbeauftragter – weiß, wie man das macht. Er sei gut vernetzt in Deutschland und der EU und stehe tief in der Materie Kur und Tourismus, stellt Bad Liebensteins Bürgermeister Dr. Michael Brodführer den Gast vor und fügt schmunzelnd hinzu: “Das kann Bad Liebenstein auch mal gebrauchen.”

Hinsken offenbart sich aber auch als Realist. “Es gibt harte Konkurrenz im Kur- und Bäderbetrieb”, sagt er. 330 Kur- und Badeorte gebe es, dort seien 490 000 Menschen beschäftigt, darunter 750 Badeärzte, von denen es vor zehn Jahren noch doppelt so viele gab. Und die Konkurrenz gelte nicht nur deutschlandweit.

Zwei Dinge sind maßgebend für Kurorte, erklärt Hinsken: Gesundheit und Tourismus. Neben Patienten sollten also auch Kunden geworben werden, denn Kur- und Badeorte seinen Juwelen des deutschen Tourismus – also etwas, mit dem man wuchern muss. Wenn Hinsken das formuliert klingt es so: “Man muss in die Gesundheit investieren, nicht erst in die Krankheit.”

Im Hinblick auf Bad Liebenstein gab der Verbandspräsident Brodführer die Aussicht: “Ihr seid super dran” und bezog sich damit auf Einrichtungen, die es in der Kurstadt gibt – Wandelhalle, Theater, Kurhaus. “Aber man muss laufend auf sich aufmerksam machen und Leute gewinnen.” Warum nicht auch mal Religionstouristen, schlägt Hinsken vor. Luther sei schließlich nicht nur auf der Wartburg gewesen.

“Die Zeiten sind vorbei”

Doch bei aller Zusprache sind da immer auch die Finanzen, die das Ganze nicht einfacher machen, das weiß der Bürgermeister wahrscheinlich am besten. Er möchte den privaten Sektor stärken, das sei der einzige Weg für Bad Liebenstein.

Hinskens Worte machen Mut, sagt Dietmar Nichterlein von der Dr.-Lauterbach-Klinik. Doch in Sachen Prävention gebe es noch offene Fragen. Rolf-Peter Hoehle von der m&i-Klinik erklärt, dass die Aufgaben der Gesundheitsvorsorge nicht auf die Unternehmer verlagert werden sollten. “Anreize müssen aus der Politik kommen.” Und: Die finanzielle Entlastung fehle bei den freiwilligen Aufgaben der Gemeinden, bemerkt Fritz-Eberhard Reich. Wovon sollen die Kurorte denn leben?

Die Forderungen seien rechtmäßig, antwortet Hinsken. Aber auf Zuschüssen des Staates sollte niemand warten: “Die Zeiten sind vorbei”, stattdessen gebe es EU-Fördertöpfe. Außerdem bringt Hinsken die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ins Spiel, berichtet von niedrigen Zinsen zurzeit und einem bevorstehenden Innovationsprogramm. “Beim deutschen Bädertag in fünf Wochen wird die KfW Stellung nehmen.”

Zwei weitere Ideen kommen von den Gästen Kerstin Schmidt von der Garten- und Landschaftsgestaltung Schmidt und Günter Thiel. Schmidt regt an, dass die Stadt einer Interessengemeinschaft Parkanlagen beitreten könne. “Zum Kurort gehört mehr”, sagt sie mit Blick auf Gärten und ein gepflegtes Umfeld. Thiel schlägt vor, dass Bad Liebenstein sich als Urlaubsdestination für Pflegebedürftige wie Pflegende anbieten soll.

Ein letzter Satz von Ernst Hinsken, der den Diskutanten wohl im Gedächtnis bleiben wird: “Dieser Ort hat Zukunft, davon bin ich überzeugt”. Er möchte etwas bewegen und sich nachhaltig einbringen, auch wenn dazu Druck aus Politik und Wirtschaft nötig ist. svw